Report

Am 5. Mai 2015 fand am Institut für Ethnologie und Kulturwissenschaft der Universität Bremen der vom Bremen NatureCultures Lab organisierte Workshop „Modernity’s Monsters“ mit Steve Hinchliffe statt. Hinchliffe ist Professor für Human Geography an der University of Exeter und zählt zu den wichtigsten Wissenschaftler*innen im Bereich der NaturenKulturen-Forschung.

Für den eineinhalbstündigen Workshop kamen Studierende und Lehrende zusammen, um ausgehend von Bruno Latours diagram of purification and translation aus We Have Never Been Modern (1993) verschiedene Fallstudien zu diskutieren. Wir nahmen vor allem Formen der „Übersetzungsarbeit“ und deren Implikationen für Umweltpolitik und -aktivismus in den Blick. Dabei hinterfragten wir insbesondere die in Wissenschaft und Öffentlichkeit wirkmächtigen Dichotomien von human/non-human sowie nature/culture.

Zu Beginn setzten wir eine Sequenz aus einem von Steve Hinchliffe produzierten Dokumentarfilm zum Los Angeles River zu Latours Framework in Beziehung: das urbane Flusssystem überschreitet die Grenzen von Natur und Kultur und könnte als „socio-technical assemblage“ bezeichnet werden, die Elemente aus beidem vereint. „How to live with the river?“, sei die entscheidende Frage, betonte Hinchliffe. Denn die gängige Wahrnehmung der Bedrohung durch Überflutung, wie sie auch von zahlreichen Interviewpartner*innen im Film zum Ausdruck gebracht worden war, konzentriere sich zu sehr auf als „natürlich“ imaginierte Faktoren. Dabei würden die handelnden menschlichen Akteure aus dem Blick geraten – und folglich auch aus der Verantwortung.

Anschließend diskutierten wir über Kunstwerke von Piet Mondrian (1872-1944) und Willlem de Kooning (1904-1997). Ausgehend von Andrew Pickings Artikel „New Ontologies“ (2008) gingen wir der Frage nach, welche der Kunstwerke eher die Dimensionen Form oder Prozess in den Vordergrund rücken. Auch hier drehte es sich um purification und translation – wodurch der Bogen zu Latours, für die Naturen Kulturen-Forschung so wichtigem Denkansatz gespannt wurde

In der abschließenden, offenen Fragerunde kam das Thema der globalen Hühnchenproduktion auf, zu dem Steve Hinchliffe selbst forscht. An dieser Stelle wurde erneut auf die wirkmächtigen Grenzziehungen zwischen Natur und Kultur aufmerksam gemacht, die dann selbst immer hybride Formen hervorbringen, die diese Trennung letztlich überwinden. Dabei diskutierten wir zudem über den immensen durchschnittlichen Hähnchenverbrauch im globalen Norden. Auch hier zeigte sich, dass der Workshop einen starken Bezug zum eigenen, alltäglichen und politischen Handeln herstellte. (Till Schmidt)