Vergangenes: 2019

Rezension in der Zeitschrift für Volkskunde 2019/2

„Mit seinen empirisch dichten Fallstudien, die eine beeindruckende thematische Vielfalt abdecken – von globalen Gesundheitspolitiken über Nahrungsmittelproduktion, Umweltschutz und affektive Mensch-Tier-Beziehungen -, öffnet der Sammelband Denkräume für das Verstehen komplexer naturkultureller Phänomene und Praktiken. Er leistet somit einen ausgesprochen wertvollen Beitrag, die Potenziale der Ethnologie und im weiteren SInne der Environmental Humanities zu drängenden gesellschaftlich-ökologischen Problemstellungen aufzuzeigen.”

Fenske, Michaela; Peselmann, Arnika: „Buchbesprechungen. Friederike Gesing/Michi Knecht/Michael Flitner/Katrin Amelang (Hrsg.) NaturenKulturen. Denkräume und Werkzeuge für neue politische Ökologien. Bielefeld: transcript 2019, 513 S., Abb. ISBN 978-3-8394-4007-0″, in: Zeitschrift für Volkskunde 2019/2, S. 314.

BNCL Programm November 2019

Jenny Lisa Krieg (Bonn): Die Vermessung von Tieren: Fürsorge, Gewalt, und Technologien des Messens

18 Nov 2019 (Mon) | 12-14h | SFG 2210 (artec)

Was passiert beim Messen von Tieren? Biolog_innen, Taxonom_innen, und Naturschützer_innen messen Tiere auf unterschiedliche Weise: Sie zählen die Schuppen von Geckos, vergleichen die Form von Knochen und die Sequenzen von Genen, oder messen die Länge von Schildkröten-Panzern. Dabei wird die körperliche Materalität von Tieren lesbar gemacht, übersetzt. Unterschiedliche Arten zu messen haben dabei Implikationen: Eine Gewebeprobe kann von einem lebenden Tier genommen werden, Schuppen, allerdings, können nur an einem toten Tier gezählt werden. “Only in death do most animals pause long enough for our analytical minds to torture some truths out of them”, sagt Asma treffend (2001: 27). Beim Messen werden also nicht nur Daten produziert, es passieren auch viele andere Dinge: Es werden Beziehungen hergestellt, es wird sich “gesorgt”, und es wird Zwang ausgeübt, der bis zum Tod führen kann. In Konversation mit Foucault’s Ansätzen zu Biopower und Biopolitics sowie multispecies-Konzepten von “care” und “violent care” werde ich Ergebnisse vorstellen aus meiner ethnographischen Feldforschung auf Mayotte und Mauritius, und in deutschen Laboren, mit Biologinnen, Geckos, und Schildkröten.

Daniel Münster (München/Bremen): The Nectar of Life: Fermentation and the ambivalences of Natural Farming in India

19 Nov 2019 (Tue) | 18-20h | Rotunde 
*in cooperation with the colloquium of the Department of Anthropology and Cultural Research

In response to ecological and financial crisis, small-scale farmers in India are experimenting with ferments as a way to recuperate their fields from decades of chemical inputs and make them financially more autonomous. This paper focusses on jīvāmṛta, the “nectar of life” a fermented preparation brewed by so-called Zero Budget Natural Farmers (ZBNF) out of the urine and dung of native cows. The nectar of life is the cornerstone of a system of alternative agriculture that was invented by farmer, scientist, and guru Subhash Palekar. ZBNF is based on farmers caring for soil as a living organism with the help of beneficial microbes. This paper shows how the movement’s practice and theory of fermentation performs an ontological-political shift from mainstream, post-Green Revolution, agricultural science and practice in India, towards a micro centric cosmology of humans, cows, plants, beneficial microorganism and elements working together for mutual benefit. However, this symbiotic reconceptualization of more-than-human health on the farm is also implicated in what I call bionativist critique. The native cow (Bos indicus) as the key provider of microbial abundance connects ZBNF not only with critique of mainstream agriculture and of epistemic and biological imperialism, but also with Hindu nationalist discourses of cow protection. Focusing on the making, the theory and the context of jīvāmṛta this paper raises concerns about the implications of a remarkably sophisticated agro-ecological cosmology with patriarchal metaphors and bio-nationalist conspiracy theories about alien plants, animals and sciences.

Tactics for Quotidian Anthropocenes, a video series. By Tim Schütz

Tim Schütz published a video series about the ethnographic field campus in St. Louis, Missouri.

Click below for viewing: https://www.youtube.com/watch?v=OkvoPoqq7hw&list=PLdlSbSzosy9JjijabxdDFeY7Dyj-T1Nyr

The Quotidian Anthropocenes project explores how the Anthropocene is playing out on the ground in different settings. The aim is to create both situated, place-based and comparative perspective, building new modes of collective knowledge and action.
Extending from Eli Elinoff and Tyson Vaughan’s conceptualization of the “quotidian Anthropocene” in work on environmental crises in urbanizing Asia, the project is designed to be global in scope while also fine-grained and local. The focus is on anthropocenics — the dynamic interactions between scales (local to planetary) and systems (ecological, atmospheric, technological, economic, political, social, cultural and so on) — that produce the Anthropocene at the local level.
The project is organized around a shared set of questions, addressed through a series of Field Campuses, an on-going Open Seminar and a lively archive project. See information here on how to join the collaboration with a thematic or place-based focus.
Design Team: Kim Fortun (UC Irvine); Scott G. Knowles (Drexel University); Tim Schütz (UC Irvine); Jason Ludwig (Drexel University)
Instructors: James Adams (UC Irvine), Danica Loucks (UC Irvine), Guil Louissant (UC Irvine), Manuel Tironi (Catholic University Chile)
Supported by Haus der Kulturen der Welt and Max Planck Institute for the History of Science

 

 

Vortrag von Julia Poerting am 27. Mai

“Die sind schlauer geworden” – Die technologische Vermittlung von Mensch und Wolf in der Lüneburger Heide

 

Montag, 27.5.2019 | 12-14h | SFG 2210

Die rasante Zunahme der Wolfspopulation in der Lüneburger Heide führt seit einigen Jahren zu Ängsten und Sorgen unter Weidetierhaltern und Teilen der ländlichen Bevölkerung.  Verschiedene Technologien sollen das Zusammenleben von Wolf, Mensch und Weidetieren vermitteln und besser planbar machen. In meinem Vortrag diskutiere ich anhand verschiedener Momente der technologischen Vermittlung (Zäune, Besenderung, Fotofallen, Apps) die soziopolitischen Kontexte und (unerwarteten) Folgen dieser Interventionen. Wer wird geschützt, wer wird ausgegrenzt und wie verändert sich der materielle und diskursive Raum der Lüneburger Heide?

Julia Poerting ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Geographie der Universität Bonn. Sie hat am Exzellenzcluster “Asien und Europa im globalen Kontext” in der interdisziplinären Nachwuchsforschergruppe “Agrarian Alternatives” an der Universität Heidelberg promoviert. In ihrer Doktorarbeit “Practicing Organic Farming in Pakistan – Debating Science, Sustainability and Localism”untersuchte sie für wen und wie Bio-Landwirtschaft in Pakistan, vor dem Hintergrund sozialökologischer Krisen, zu einer Alternative wird und nutzte dafür Ansätze aus der politischen Ökologie sowie Wissenschafts- und Technikforschung. Aktuell beschäftigt sie sich mit Mensch-Tier-Geografien und forscht zur Rückkehr des Wolfes in stadtnahe Landschaften in Norddeutschland.

Vortrag von Felix Remter | LMU München

Ontologische Krisen, Resonanz, Fraktale. Multimodale Annäherungen an Bienenforschung und Imkerei

22.05.19 | 14:00 – 16:00 Uhr | Rotunde

Abstract:

Die Imkerei in Europa steckt in einer anhaltenden Krise, die einen Wandel in den Bezugsweisen und Praktiken ausgelöst hat – der ImkerInnen, aber auch der Bienen selbst und anderer Organismen, mit denen beide zusammenleben. In meiner Promotionsforschung über den Wandel in diesem Feld greife ich auf Theorien und Methoden aus den Science and Technology Studies, der Umwelt- und der sensorischen Anthropologie zurück. Das Arbeiten mit Film spielt dabei sowohl epistemologisch als auch ethnografisch eine wichtige Rolle. Für das Projekt habe ich in Imkereien, Zeidlereien, Forschungs-, Zucht- und Auswilderungsprogrammen in Deutschland, der Schweiz, Wales und Baschkortostan teilnehmend geforscht und gefilmt. Die Interaktionen in diesen Feldern sind in weiten Teilen nicht sprachlich verfasst und verfassbar, sondern beruhen auf körperlich sensorischem Erfahrungswissen im meist technologisch vermittelten Umgang miteinander. Nicht nur die Wissensformen und Praktiken der Imkerei und Bienenforschung bedürfen also einer dichten Teilnahme. Ihr Zusammenspiel mit dem Wissen und den Praktiken nicht-menschlicher AkteurInnen wie der Honigbiene und weiterer Lebewesen erfordern die Entwicklung entsprechender Konzepte und Methoden der Forschung und Vermittlung.

Felix Remter ist Sozial- und Kulturanthropologie und derzeit wissenschaftlicher Mitarbeiter am Munic Centre for Technology in Society im  interdisziplinären Forschungsprojekt “100Places:M”, einem Teilprojekt des Zentrum Stadtnatur und Klimaanpassung an der TU München. Im Zentrum seiner Promotionsforschung stehen Mensch-Bienen-Beziehungen.


In Zusammenarbeit mit dem Institut für Ethnologie und Kulturwissenschaft der Universität Bremen und dem 

Bremen NatureCultures Lab| Kontakt: Katrin Amelang | amelang@uni-bremen.de

 

BNCL Programm Mai 2019

22 May 2019 (Wed) | 14-16h| Rotunde (Cartesium) (in Kooperation mit dem Institut für Ethnologie und Kulturwissenschaft, U Bremen)

Felix Remter (LMU München) | Ontologische Krisen, Resonanz, Fraktale. Multimodale Annäherungen an Bienenforschung und Imkerei

27 May 2019 (Mon) | 12-14h | SFG 2210

Julia Poerting (U Bonn) |  „Die sind schlauer geworden“ – Die technologische Vermittlung von Mensch und Wolf in der Lüneburger Heide

Book Launch

Michi Knecht und Katrin Amelang stellen NaturenKulturen: Denkräume und Werkzeuge für neue politische Ökologien am 9.4 in Berlin vor,  als Auftakt des Institutskolloquiums, Europäische Ethnologie, HU Berlin

→ https://www.euroethno.hu-berlin.de/de/institut/kolloquium

Out now – we are happy to announce the publication of „NaturenKulturen“

Was haben Moskitonetze in Ghana mit Küstenschutz in Neuseeland oder Rohmilchkäseproduktion in den USA gemeinsam? Was verbindet Plastikmüll im Meer mit der Frage, ob Fleisch von Tieren stammt? Dieser Band vermittelt Einblicke in ein neues Forschungsfeld an der Schnittstelle von Kultur- und Sozialanthropologie. Geografie und Science & Technology Studies und stellt mit den “NaturenKulturen” ein Konzept vor, mit dem sich das Verhältnis von Natur und Kultur neu bestimmen und politisch situieren lässt. Beiträge von Anna Tsing, Steve Hinchliffe, Uli Beisel, Banu Subramanisam, Sven Bergmann und anderen laden dazu ein, “NaturenKulturen” als Denkraum zu verstehen und neue Konstellationen von ökologischen Prozessen technischen Artefakten und mehr-als-menschlichen Akteuren zu erforschen.

Friederike Gesing, Michi Knecht, Michael Flitner, Katrin Amelang (Hg.)(2018): NaturenKulturen. Denkräume und Werkzeuge für neue politische Ökologien. Bielefeld: transcript.  [39,99 €]

Details, Inhaltsverzeichnis, Leseprobe unter: https://www.transcript-verlag.de/978-3-8376-4007-6/naturenkulturen/